Erst der Verstand, dann das Gefühl.
Oder,
wie schreibe ich eine Szene?

In Efil, meiner Fantasy-Trilogie, bringe ich jedes Kapitel aus einer Perspektive heraus zu Papier. Es gibt eine Hauptperson, Johannah, auch Jo genannt, die den Löwenanteil der Geschichte durchleben darf.

Auf der anderen Seite steht der Antagonist. Ich kenne ihn ebenso gut wie alle Charaktere, nichtsdestotrotz beginne ich eine Szene stets damit, mir den kompletten Lebenslauf durchzulesen. Er vermittelt mir nochmals die ganze Tiefe der Person; all ihre Erfahrungen, Neigungen und Abarten, ihre Bewegungen und Sprechweise sowie ihr Äußeres.

Danach lese ich mir das Kapitel im Langkonzept genau durch. Sie umfasst ein oder zwei DIN A4 Seiten. Dort stehen der grobe Ablauf und die Dinge, die unbedingt in der Szene vorkommen müssen.

Nun beginnt meiner Meinung nach der eigentliche schriftstellerische Prozess. Alles davor ist eher Theorie, Fleiß-, Puzzle- und Recherchearbeit.

Ich setze mich vor den weißen Bildschirm, die Finger auf der Tastatur. Es ist still in meinem Arbeitszimmer. Keine Musik, die setze ich erst ein, wenn die Szene in etwa steht und ich eine bestimmte Stimmung damit hervorrufen möchte. Ich starre auf das Blatt und alle zuletzt gelesenen Infos rasen mir im Kopf herum. Mir ist die Gemütsverfassung des Charakters bekannt und was in dieser einen Szene ungefähr geschehen soll. Nun denke ich mir dazu den Ort. Zu diesem Zweck schließe ich meine Augen und phantasiere.

Unwillkürlich formen sich Bilder, Dialoge und Räume. Entsteht bei mir nicht sofort das gewisse Kribbeln oder kann ich mit diesem "Raum" den Inhalt nicht weiterspinnen, verwerfe ich "ihn" gleich wieder - bis mich der Schlag, besser gesagt, der perfekt passende Einfall trifft.

Ich spiele die Idee weiter und weiter; ich weiß ja, wo das Ziel der Szene ist. Meist fangen meine Finger wie von selbst an, in die Tasten zu hauen.

Irgendwann ist der Sprit alle. Die Szene steht und ich habe geschrieben, bis ich "leer" bin. Das kann nach zwei, allerdings auch nach 20 Seiten sein, oft kommt die Erschöpfung aber nach fünf bis acht Seiten. Ich fühle mich dann wie nach einer drei-Stunden-Klausur; platt, ausgelaugt, trotzdem glücklich.

Zumindest, meistens glücklich. Ab und zu ist es eine ziemliche Plackerei.

Ich arbeite zwar ein "starres" Gerüst ab, aber dennoch kommen die Gefühle, das völlig von der Geschichte mitreißen lassen, nicht zu kurz. So ist das "starre" Gerüst eigentlich nur eine zarte Linie, um den roten Faden - den Plot - nicht zu verlieren.

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