Traumseele - Efil 2

 

unlektorierte Leseprobe:

 

Kapitel 1 – Prolog: Ende und Anfang

Efil – Evol 6361 s. E.

=> Achtung, lieber Leser, dieser Prolog aus dem 2. Band enthält Informationen und Auflösungen aus dem 1. Band. Bitte nicht lesen, wenn ihr Band 1 "Traumkind" noch nicht kennt. Ihr würdet euch viele Abenteuer verderben. Danke. <=

Endlich hatte Jo ihre Familie gefunden. Es ging nicht darum, dass es die eigenen Eltern waren, oder darum, wie alt sie waren, wie unterschiedlich, welcher Rasse oder von welcher Welt. Es ging einzig und allein darum, dass man sich liebte. Dass man alles für den anderen tun oder lassen würde, dass man gewillt war, Kompromisse einzugehen und über den eigenen Schatten zu springen, für das Wohl des anderen. Familie war, den anderen schon zu vermissen, wenn er gerade erst aus der Haustür getreten oder hinter dem nächsten Baum verschwunden war.

Und Jo vermisste Benjamin. Er war nicht freiwillig gegangen, sondern brutal entführt worden. Wahrscheinich von der bösartigen Herrin von Etah – Irenis. Wenn Jo an die erste Begegnung mit Irenis im Hexenhaus auf der Erde zurückdachte, fröstelte es sie immer noch.

Benjamin war ihr mit seiner ruhigen, liebevollen Art nicht nur ans Herz gewachsen, sondern er hatte seine Integrität ihr gegenüber in unzähligen gefährlichen und abenteuerlichen Situationen unter Beweis gestellt. Er liebte sie, so wie sie ihn und deshalb war jetzt das primäre Ziel ihrer Gemeinschaft, den mutigen Ficus zu finden und zu retten – komme, was wolle.

Seitdem Jo – damals noch Johannah – wie eine tollpatschige Schornsteinfegerin in Leles Bau in Salasch gelandet war und die Inneneinrichtung ein wenig düster neu dekoriert hatte, war sie mit Lele, dem Hasenprofessor und Dino, dem Dinosaurierbären unterwegs. Anfangs hatte sie gedacht, ein lauschiger Spaziergang im grünwiesigen Paradies würde ihr bevorstehen. Ein wenig Geschichtsunterricht durch den alten Professor. Ein wenig Naturkunde mit dem dicken Dino. Sie hätte nicht mehr danebenliegen können. All ihre Vorstellungen wurden auf der bisherigen, langen Reise durch den Nordosten des Landes Efil gesprengt.

Im Weintraubenhain, unweit des riesigen Kraters, in dem sich Salasch und der große Markt befanden, trafen sie zufällig – okay, an Zufälle glaubte Jo inzwischen nicht mehr – auf den Ficus Benjamin und die Mücke Victor Hugo. Seitdem waren sie Schritt für Schritt, Gefahr für Gefahr zu ihren Brüdern geworden. Der Igel-Friseur und der Schriftsteller wichen nicht von ihrer Seite, außer, sie mussten ihr durch irgendeine aberwitzige Tat den Allerwertesten retten. Was hier und da immer mal vorgekommen war.

Wie schon erwähnt, an Zufälle glaubte Jo inzwischen nicht mehr. Die langsam auseinanderbrechende Welt Efil und das uralte Traumkind Danyella schienen auf eine legendäre Art und Weise mit ihr verbunden zu sein und in Jos Träumen mit ihr zu sprechen. Und das schon lange, bevor sie überhaupt von Efil erfahren hatte. Jo hatte während vieler Prüfungen, die nicht alle glimpflich ausgegangen waren, gelernt, nicht nur auf ihre Augen und ihr Wissen zu vertrauen, sondern auch auf ihr Bauchgefühl und vor allem auf ihr Herz. Dieses hatte bereits im Dreiwald bei den Amurleoparden dazu geführt, dass sie es mit Dinos, Benjamins und Victor Hugos Hilfe geschafft hatte, die drei Prüfungen der sagenumwobenen Legende des Dreiwaldes zu bestehen und dem eigenbrötlerischen Hasen Lele damit das Leben zu retten. Das unscheinbare weiße Ei war ihr leider wenig später wahrscheinlich von Rob, einem jungen Schergen Etahs, hinterhältig geklaut worden. Wie das einmalige rote Menschenbuch. Ich sagte dir ja, nicht alles war optimal verlaufen.

Von Anfang an waren sie auf der Suche nach den drei Büchern der Erkenntnis und hatten dafür den langen und beschwerlichen Weg bis zur Hauptstadt von Evol auf sich genommen. Natürlich erfuhr Jo dies erst schneckenschleichend nach und nach, Minitröpfchen für Minitröpfchen, weil der Unheilbringende meinte, sie mit seiner sturen, impertinenten und nervigen Maulfaulheit zu schützen. Und sie zudem mit dem Rätselraten wohl auch auf Linie zu halten. Nun ja, Lele schwor nach den Unglücken in Sirbilok Besserung und sie wären keine echte Familie, wenn Jo ihm nicht glauben würde und verziehen hätte.

Auf der beschwerlichen Reise war Jo etliche Male verletzt worden, doch die Schnitte, Kratzer und Beulen hatte sie gut wegstecken können, schließlich war sie von klein auf den Rohrstock des Heimes gewohnt. Schlimmer waren die für sie unvorhersehbaren und heimtückischen Angriffe der dunklen Seite von Efil auf sie. Der Schluckbach sollte sie mit seinen Wassermassen verschlingen, in God sollte ein kleines, unschuldig aussehendes Mädchen sie ausfragen und ihren Körper vereinnahmen, wenig später wollten zwei Wandler auf Hang dasselbe mit ihr tun. Eulen hatten sie bereits in einem Sack in den Himmel entführt, die Rockband Psy ihren Geist infiltriert oder verwirrt oder durchforstet, im Shaduw wollte die Schattenarmee sie verschlingen und zu guter Letzt wollte eine ganze Armee ihrer Habhaft werden oder sie vernichten.

Davon abgesehen hatte ein Spion Etahs sie seit ihrer Ankunft auf Efil beinahe auf Schritt und Tritt beobachtet. Jo war sich sicher, der Fledartuffel Rellik von Batracho würde ihr sicherlich noch häufiger über den Weg laufen oder besser gesagt, flattern. Dass Lele und Rellik alte Feinde waren, hatte sie auch erst viel später herausgefunden.

Adiv sei Dank hatte sie aber auch viele Freunde auf Efil. Einige, von denen sie wusste, andere, die sich plötzlich als Verbündete entpuppten. So hätten sie alle wohl weder den Absturz von Hang, dank Dino, noch die tote grüne Wüste, dank des alten Wanderers, noch den Shaduw, dank des Steinadlers Aquila, und noch den schweren Angriff, dank des Drachens Ely-Cefier, überlebt.

Leider hatten sie ihren treuen Freund Gustaf in den Katakomben der Bibliothek in Sirbilok für immer verloren. Er lebte nun in ihren Herzen und Geschichten weiter und hatte seine letzte Ruhestätte auf einem Hügel im Süden der Hauptstadt gefunden. Die Mütter Adiv und Efil haben sich seiner angenommen, da bin ich mir sicher.

An seiner statt begleitete sie nun eines der so wichtigen und einmaligen Bücher der Erkenntnis. Das grüne Buch der Pflanzen, das sich als Blatt getarnt in einem riesigen, unübersichtlichen Dschungel aus Pflanzen versteckt hatte und nur gefunden werden konnte, wenn es sich von sich aus zeigte. Das hatte es getan. Und wieder einmal hatte sich Efil vor ihr verneigt, was sich für Jo sehr unangenehm anfühlte, doch daran etwas ändern konnte sie wohl nicht. Sie war von Geburt an eine Herrin, ob sie wollte oder nicht. Und natürlich war sie die Letzte gewesen, die dies erfuhr. Ebenso, dass sie eine Zwillingsschwester namens Judit hatte, die wahrscheinlich dazu erzogen worden war, Jo vollumfänglich zu vernichten. Nun ja, wie schon erwähnt, eine Wahl habe ich nicht.

Aber auch wenn sie eine gehabt hätte, wäre ihr nicht im Traum eingefallen – schönes Wortspiel –, für immer und ewig als graue Maus auf der grauen Erde im grauen Kinderheim mit grauer Zukunft zu verweilen. Dazu lockte das bunte Abenteuer auf Efil zu sehr und das ihr inzwischen innere Bedürfnis, ihre eigentliche Geburtswelt Efil und ihre Freunde und Familie sowie auch ihre Feinde zu retten.

Wie – stand noch in den Sternen, die nur der Professor Lele ansatzweise deuten konnte. Aber sei’s drum, Hauptsache, sie wanderte jetzt an der Seite ihrer Familie gen Süden des Landes. Da war es ihr beinahe egal, dass sie nun in auch für Lele unbekannte Gebiete voller Gefahren eintauchten – wie den furchterregenden und geheimnisvollen Satanswald, um den sich sagenumwobene Legenden rankten …

 

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